Die Fachkräftesicherung ist eines der drängendsten Themen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Ein möglicher Ansatzpunkt zur Entschärfung des Problems liegt in der Erhöhung der Arbeitszeiten von Teilzeitbeschäftigten. Angesichts der Tatsache, dass fast jede*r dritte Beschäftigte (31 %) in Deutschland in Teilzeit arbeitet, bietet dieses Modell theoretisch ein enormes Potenzial. Doch die Umsetzung ist komplex und erfordert ein sensibles Vorgehen – insbesondere mit Blick auf die Gründe für Teilzeitarbeit und die bestehenden Unterstützungsstrukturen.
Wer arbeitet in Teilzeit? Ein Blick auf die Zahlen
Teilzeitarbeit ist in Deutschland weit verbreitet, jedoch stark geschlechtsspezifisch ausgeprägt. Während nur 13 % der Männer in Teilzeit tätig sind, arbeiten mehr als die Hälfte der Frauen (52 %) weniger als 35 Stunden pro Woche. Auch die Qualifikation spielt eine Rolle: Teilzeitarbeit ist bei Arbeitnehmerinnen ohne berufsqualifizierenden Abschluss besonders häufig (46 %), aber auch ausgebildete Fachkräfte arbeiten oft in Teilzeit – etwa 31 % der Beschäftigten mit Lehre oder Berufsfachschulabschluss und 23 % der Meisterinnen und Techniker*innen.
In Berufen mit Fachkräftemangel, etwa der Altenpflege (63 % Teilzeitquote), der Sozialarbeit (52 %) und der Krankenpflege (50 %), ist Teilzeitarbeit besonders verbreitet. Diese Branchen zeigen, dass Fachkräftepotenzial in Teilzeitbeschäftigung zwar vorhanden, jedoch durch strukturelle und persönliche Hürden gebremst wird.
Gründe für Teilzeitarbeit: Familienpflichten und Belastungen im Fokus
Der Hauptgrund für Teilzeitarbeit ist die Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit. Mehr als die Hälfte (56 %) aller Teilzeitbeschäftigten gibt an, ihre Arbeitszeit für die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen reduziert zu haben. Frauen sind davon deutlich häufiger betroffen (64 %) als Männer (27 %). Dies unterstreicht die nach wie vor ungleiche Verteilung von Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern.
Neben familiären Verpflichtungen gibt es weitere Gründe, die eine Vollzeitbeschäftigung verhindern:
- Private Interessen: 50 % der Teilzeitbeschäftigten möchten mehr Zeit für persönliche Belange.
- Arbeitsbelastung: 39 % nennen eine zu hohe berufliche Belastung als Ursache für die Reduzierung ihrer Arbeitszeit.
- Gesundheitliche Einschränkungen: 17 % der Teilzeitbeschäftigten arbeiten weniger Stunden aus gesundheitlichen Gründen.
Potenziale erschließen: Was Unternehmen tun können
Um das Fachkräftepotenzial von Teilzeitbeschäftigten zu aktivieren, müssen Unternehmen Rahmenbedingungen schaffen, die den Bedürfnissen dieser Arbeitnehmer*innen gerecht werden. Insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt dabei eine Schlüsselrolle. Derzeit fehlt es jedoch häufig an ausreichender Unterstützung:
- Kinderbetreuung: Nur 33 % der Beschäftigten geben an, dass ihr Arbeitgeber in (sehr) hohem Maß Betreuungsangebote oder andere Hilfen bereitstellt.
- Pflege von Angehörigen: Auch hier fühlen sich nur 34 % der Beschäftigten durch den Arbeitgeber gut unterstützt.
Maßnahmen für mehr Vereinbarkeit
Um die Arbeitszeiten von Teilzeitbeschäftigten zu erhöhen, könnten folgende Maßnahmen helfen:
- Flexible Arbeitszeitmodelle: Teilzeitkräfte sollten die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeiten schrittweise und individuell anzupassen.
- Betriebliche Betreuungsangebote: Kinderbetreuung am Arbeitsplatz oder finanzielle Zuschüsse können die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern.
- Entlastung bei familiären Pflichten: Freistellungsmodelle oder Unterstützungsnetzwerke für die Pflege von Angehörigen sind wichtige Ansätze.
- Belastung minimieren: Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der mentalen Gesundheit sind essenziell, um Teilzeitkräfte langfristig zu entlasten und ihre Bereitschaft zur Stundenaufstockung zu fördern.
Fazit: Teilzeitarbeit als Schlüssel zur Fachkräftesicherung
Das Fachkräftepotenzial von Teilzeitbeschäftigten ist erheblich, doch dessen Ausschöpfung erfordert umfassende betriebliche und gesellschaftliche Veränderungen. Vor allem Frauen, die den Großteil der Sorgearbeit übernehmen, müssen stärker entlastet und unterstützt werden.
Nur durch gezielte Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flexible Arbeitszeitmodelle und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen können Unternehmen das volle Potenzial der Teilzeitarbeit nutzen – und so einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten.